Montag, 25. April 2016

muba // Weltgeschehen

In diesem Beitrag geht es um Pfannen, Degustationen und die altbekannte Frage: wozu das Ganze eigentlich? 



Gestern war hier mal wieder der letzte Tag der Basler Mustermesse, kurz genannt muba, und wie immer habe ich mir dieses erbauliche Ereignis in letzter Stunde noch gegönnt, wenn der Eintritt gratis und unter den Standbetreibern bereits der Aufbruchstress ausgebrochen ist.



Seit 1917 gibt es sie und heute stellt sie nebst irgendeiner Bratwurstmesse tatsächlich die zweitgrösste Publikationsmesse der Schweiz dar. Im Gegensatz allerdings beispielsweise zur Basel World (Uhren! Schmuck! Asiaten in Dsquared-Anzügen!) und der Art Basel (Gemälde! Nackte Menschen auf dem Barfüsserplatz! Leonardo Di Caprio!) fällt sie, die Mustermesse, relativ wenig ins, ich sag jetzt mal, kulturelle Gewicht dieser schönen City am Rheinknie.
Hier tummeln sich grossteils nicht von weit angereiste Karrierehelden oder aufstrebende Performance-Künstler mit ihrer hyperventilierenden Entourage, sondern in erster Linie (soweit meine sozialanalytische Eigenstudie, gell. Ich habe das nicht genauestens wissenschaftlich nachgeprüft) halbwegs seriös funktionierende forty-somethings aus Agglomerationsgebieten und schwitzende Teenager bis Jugendliche, die sich an den Degustationsständen ergötzen wollen.



Die muba lebt von ihrer Vielseitigkeit, die einem unerfahrenen Besucher grundsätzlich wie nichts anderes als das pure Chaos vorkommen muss. Scheinbar ohne System über drei Etagen verteilt Millionen von Ständen mit den verschiedensten Produkten aus dem schönen Themengebiet Detailhandel. Dazwischen Bühnen mit tanzenden Menschen, ein Polizeiauto und ein Typ auf einem E-Bike. Es geht hier aber auch gar nicht um Überblick, weil Sinn und Zweck und das Schöne an der Sache ja ist, dass man hier einfach herumflanieren kann und bei jedem Schritt mit etwas Neuem überrascht wird.
Es gibt an der muba sozusagen nichts, was es nicht irgendwie gibt, und doch scheint es irgendwie nix zu geben, das man wirklich braucht. Okay, die Pfanne, mit der man angeblich Fleisch ohne Fett und Gemüse ohne Wasser kochen kann, sah ganz interessant aus. Allerdings konnte ich dem verzweifelt-umschmeichelnden Grinsen des Verkäufers sogleich entnehmen, dass der Preis wohl im dreistelligen Betrag gelegen hätte.



Zudem können diese ganzen Standbesitzer meist wenig mit Humor anfangen: als ich einen ambitionierten Reinigungsmittelvertreter zB. fragte, ob sein Mittel, das er an einem rechteckigen Badezimmerspiegel demonstrierte, auch auf runden Spiegeln anwendbar seie, wurde er nicht wütend, wurde nicht lustig, sondern erwiderte lediglich in erschreckendem Ernst: "Ja, ist es." Wie ernüchternd.

Nichtsdestotrotz: ich mag muba. Man fühlt sich ein bisschen wie auf einem riesigen Bazar oder noch treffender: an einem riesigen, unübersichtlichen Familientreffen. Ein bisschen reden, sich ein bisschen die Kante geben, heuchlerische Komplimente machen und irgendwelchen Leuten beteuern, dass man sich bald wiedersieht und im Hinterkopf dazu denken: hoffentlich nicht so bald. Die muba sorgt für weniger Furore und Polizeieinsätze als die Art Basel, weil sich durch sie niemand aufgerufen fühlt, hier vollkommen nackt vor dem Eingangsbereich zu stehen, um für Frauenrechte zu kämpfen. Die muba hat die Stadt weniger Aufwand gekostet als die Basel World, weil Herzog und de Meuron keinen Neuanbau designen mussten, dessen Dasein nun extrem viel Schatten spendet, gut aussieht (und 430 Millionen Franken kostete, jaja).

Die muba ist und bleibt für mich die volksnaheste und freundlichste aller Messen. Nichtsdestotrotz würde ich mich freuen, im nächsten Jahr an die Schmuckmesse eingeladen zu werden, alleine schon um der Erfüllung einer meiner Herzenswünsche willen (siehe unterer Post).

Alltagshelden habe ich gestern übrigens auch gesehen, zB. die Wurstverkäuferin. Die hat ihre Kunden wirklich ernst genommen und sie auf nicht-eingefordertes Wechselgeld aufmerksam gemacht. Thumbs up.

PS: Das Copyright aller hier gezeigten Bilder unterliegt der offiziellen muba-Homepage. Darum sehen die auch so aus, wie sie aussehen. Qualitativ gut, inhaltlich nichtssagend. 



2 Kommentare:

  1. ich weiß nicht,wies dir damit ging,aber ich war sehr geschockt.. das ging sehr tief.das schlimme ist,dass er mir auch noch fehlt,nach dieser scheiße.

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    1. Lieber Puck, ich kann Schockerlebnisse lm Zusammenhang mit der muba sehr gut nachvollziehen, und auch die beschriebene Intensität jener scheint mir nicht durchweg unangebracht. Aber: wer fehlt dir genau? Der Mann vom Putzstand?

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Dies ist der Blog von Laura Wohnlich. Sie schreibt, macht aber auch andere Dinge. Auf diesem Blog geht es um Kunst, Literatur, Poesie, Politik und ganz gerne auch mal einfach nur darum, die Seele baumeln zu lassen. Auf diesem Blog geht es darum, "den Helden in sich zum Vorschein zu bringen". Man kann noch lange darauf warten, dass Hero auf irgendwas angeritten kommt und einem das Leben zurechtrückt. Sei dein eigener Held und reiss dem Deppen der glaubt, er wisse es besser als du, die Zügel aus der Hand!